Wenn es ein passendes Genre für diesen Film gäbe, dann wäre das der „tragikomische Realismus“: Der junge Iraner Soheil flüchtet mit seiner jüdischen Familie nach Berlin. Der Wedding wird seine neue Heimat. Dort, zwischen türkischen und arabischen Jugendlichen, findet er neue Freunde, und bald erkennt er, dass es keine gute Idee ist, sich als Jude zu outen. So passt er sich an, er mischt bei diversen Schandtaten und Diebereien mit und verwandelt sich zum Ärger seiner liebevoll besorgten Eltern auch äußerlich in einen arabischen Jung-Gangster, der immer öfter von der Polizei nach Hause gebracht wird. Als es beinahe zu spät für ihn ist, um einen Weg aus den kriminellen Clans zu finden, in denen seine Freunde schon längst gefangen sind, fliegt er auf und gerät in Lebensgefahr. Am Ende erkennt Soheil: „Israel hat die gleichen Probleme wie ich“, und entschließt sich, nach Israel auszuwandern.
Wie aus dem braven Sohn einer jüdischen Familie, der sich eigentlich weder für seine Herkunft noch für Religion interessiert, ein muslimischer Junggangster wird, hat eine beinahe bizarre Komik. Soheil will um jeden Preis dazugehören. Der schöne Begriff des „Halbstarken“ beschreibt perfekt diesen Zustand zwischen hormoneller Herausforderung, Abenteuerlust und dem Wunsch nach Anerkennung. Nicht einmal seine erste große Liebe Selma bringt ihn zur Vernunft. Doch es nützt alles nichts: Für die Muslime ist und bleibt er als Jude ein Todfeind. Für die Normalo-Berliner ist er ein „Kanake“ – irgendein arabischer oder türkischer Bengel von vielen, die irgendwann im Knast landen. Und für die Berliner Juden ist er ein muslimischer Terrorist, der bei seinen Besuchen im jüdischen Gemeindehaus jedes Mal wieder gefilzt wird. Damir Lukacevic macht daraus ein doppelbödiges Lehrstück in Sachen Schubladendenken und Toleranz. Er scheut weder Verunsicherungen noch radikale Bilder und verwirrend unbequeme Fragen, wie z. B.: Was ist antisemitisch daran, wenn ein Jude das Wort „Jude“ an eine Schule sprayt?
Quelle: programmkino.de